Scheidung mit einem Anwalt?

Wer die Absicht hat, sich scheiden zu lassen, wird sich zwangsläufig auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, welche Kosten das verursacht. Es wird allgemein hin bei einvernehmlichen Ehescheidungen davon ausgegangen, dass es ausreichend ist, wenn beide Ehepartner sich einen Anwalt teilen, schon um die Kosten gering zu halten.

Soweit die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in Betracht kommt, gerät das bei der Frage, ob ein Anwalt oder auf beiden Seiten ein Anwalt tätig werden soll, eher in den Hintergrund, weil zunächst einmal die Landeskasse die Kosten der anwaltlichen Vertretung übernimmt. Es ist allerdings eher unbekannt, dass die Landeskasse berechtigt ist nach Ablauf einer gewissen Zeit, üblicherweise von zwei Jahren, zu überprüfen ob die Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe dann immer noch bestehen oder nicht. In Letzterem Fall ist die Landeskasse berechtigt, ursprünglich gewährte Verfahrenskostenhilfe zurückzufordern, gegebenenfalls in Raten.

Wer von Beginn an damit rechnen muss, die Kosten der anwaltlichen Vertretung selbst zu zahlen wird vielleicht auf die Idee kommen, mit seinem Ehepartner einen Anwalt aufzusuchen, um gemeinsam über diesen Anwalt die Ehescheidung abzuwickeln. Gesetzlich ist zunächst einmal nur derjenige Ehepartner verpflichtet, sich anwaltlich vertreten zu lassen, der den Scheidungsantrag stellt. Die Gerichte wirken zwar darauf hin, dass gegebenenfalls auch der andere Ehepartner anwaltlich vertreten wird, jedoch ist das nicht zwingend vorgeschrieben. Es entsteht so zwangsläufig der Eindruck, es könnte ein Rechtsanwalt ausreichen, um die beiderseitigen Interessen zu vertreten.

Nun ist es aber bei einer Ehescheidung geradeso, dass es widerstreitende Interessen gibt, die der bevollmächtigte Rechtsanwalt gegenüber seinem Mandanten zu beachten hat. Ob nämlich neben der Tatsache, dass die Ehe geschieden wird auch noch Unterhaltsansprüche zu berücksichtigen sind, gegebenenfalls ein Zugewinnausgleich stattzufinden hat oder aber die Frage der elterlichen Sorge oder des Umgangs mit gemeinsamen Kindern zu einem Streitpotenzial führen kann, lässt sich bei der Einleitung eines Scheidungsverfahrens meist noch gar nicht absehen. Die Vertretung gemeinsamer Interessen durch einen Rechtsanwalt ist gesetzlich nicht vorgesehen, sie wäre auch ein Widerspruch gegenüber der originären Mandatsvertretung gegenüber dem eigenen Mandanten durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt. Der Rechtsanwalt darf nämlich nicht beide Parteien gleichzeitig vertreten, wenn sich daraus ein Wertungswiderspruch ergibt.

Die meisten Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen werden deshalb von einer solchen Vertretung abraten. Sie ist auch wirklich nicht interessengerecht, weil selbst im Zuge einer Erstberatung über die Frage der Durchführung eines Ehescheidungsverfahrens Fragestellungen auftreten können, die individuell bezogen auf den jeweiligen Ehepartner in der Beantwortung höchst unterschiedlich ausfallen. Wie sollte sich in einem solchen ersten Beratungsgespräch der beauftragte Rechtsanwalt dann positionieren können?

Ein Erstberatungsgespräch mit dem getrennt lebenden Ehepartner durchzuführen um derartige Fragen zu klären macht sicherlich Sinn, allerdings muss von vornherein klargestellt sein, welche Interessen der Rechtsanwalt vertreten soll, wenn es zu Streitigkeiten kommt. Eine Rechtsberatung für beide Interessen der Beteiligten Ehepartner kann deshalb von vornherein nicht stattfinden. Darüber sollten sich die Ehepartner im Klaren sein, bevor Sie dieses Ansinnen in die Tat umsetzen.

Es ist deshalb dringend dazu anzuraten, das Ehepartner sich individuell beraten lassen, um ihre jeweilige Position durch einen fachkundigen Rechtsanwalt/Rechtsanwältin herausarbeiten und überprüfen zu lassen. Nur so kann gewährleistet werden, dass eine den persönlichen Interessen folgende anwaltliche Vertretung sichergestellt werden kann.

Zurück